Gor: Dodatek B Zusammenfassung
Kazalo
Slowenisch ist eine der europäischen Sprachen, die bis zum 19. Jahrhundert nur sehr selten in schriftlicher Form verwendet wurde, in der amtlichen und geschäftlichen Kommunikation nur in Ausnahmefällen. Aus dem Zeitraum vom ausgehenden Mittelalter bis zum Ende des 18. Jahrhunderts sind daher nur etwa 400 slowenische Niederschriften bekannt, lässt man die gedruckten mehrsprachigen Bekanntmachungen, die erst seit Mitte des 18. Jahrhunderts in Erscheinung treten, außer Acht. Es gibt nur wenige gänzlich in Slowenisch verfasste Originaldokumente, zahlreiche Gattungen slowenischer Texte treten lediglich vereinzelt auf, bei den meisten davon handelt es sich um für mündlichen Gebrauch bestimmte Eide, meistens Gerichtseide.
Die vorliegende Monographie schließt sich konzeptuell an die in elektronischer Form veröffentlichte Sammlung städtischer Eidestexte (2009) an, mit der Verfasser das Ziel verfolgte, zum ersten Mal alle bekannten slowenischen Eidestexte gleicher Urhebergruppe bis zum 19. Jahrhundert zu erfassen. Die vorliegende Auswahl umfasst Marktsiedlungen und nichtagrarische Berufe, zwei Bereiche, für die es sich herausstellte, dass sie durch die vor 1848 entstandenen Eidesformeln in slowenischer Sprache noch viel schlechter als die Städte vertreten sind. Die Veröffentlichung umfasst die 18 bereits veröffentlichten, nicht veröffentlichten und neuentdeckten Eidestexte, die vom Anfang des zweiten Jahrzehnts des 17. Jahrhunderts (1611–1614) und dem Vormärz (spätestens 1846) entstanden sind. Auf Marktsiedlungen beziehen sich 11 bzw. 12 Eidestexte (einer davon kommt nämlich in zwei Fassungen vor), die fast zur Gänze aus den Marktkanzleien von 6 Marktsiedlungen der slowenischen Steiermark stammen (Središče ob Dravi/Polstrau, Lenart v Slovenskih goricah/St. Leonhard in Windischen Bücheln, Ljutomer/Luttenberg, Ptujska Gora/Maria Neustift, Mozirje/Praßberg, Rečica ob Savinji/Rietz), ein Eidestext stammt aus dem österreichischen Kärnten (Grebinj/Griffen), der einzige Eidestext aus Krain bezieht sich auf den Eid der Vertreter des Marktes Stari trg ob Kolpi/Altenmarkt in Pölland vor dem Gericht in Ljubljana/Laibach. Berufsgruppen sind mit sechs Eidestexten unterschiedlicher Provenienz vertreten: zwei gerichtliche – jene der Schuster und Lederer aus Višnja Gora/Weixelberg und Maurer aus Krain – entstanden in Ljubljana/Laibach, zwei bergmännische in Idrija/Idria und zwei Diensteide der Zunftvereinigungen in Črenšovci in Prekmurje (Übermurgebiet, bis 1919 Bestandteil Ungarns).
Im Hinblick auf die Textgattung könnte man die einschlägigen Eidestexte in mehrere Gruppen und Untergruppen eingliedern, dennoch wird hier summarisch zwischen zwei Hauptgattungen unterschieden: zwischen Dienst- und Gerichtseiden. Anders als bei städtischen Eidestexten – bei diesen handelt es sich in nicht weniger als 80% Fällen um Diensteide – halten sich Markt- und Berufseidestexte dennoch mehr die Waage: unter den Markteiden befinden sich nämlich 9 Dienst- und 3 Gerichtseide, unter jenen der Berufsgruppen aber 4 Dienst- und 2 Gerichtseide; demzufolge machen Diensteide insgesamt 13 oder knapp drei Viertel (72,2%) aus. Zu den Diensteiden werden Treueide von Untergebenen (Marktbürger, Bergleute, Zunftmitglieder) gezählt sowie Eidestexte eines Markt- und Zunftfunktionärs, zu den Gerichtseiden außer Gerichtsformeln zweier Marktsiedlungen drei Eidestexte, die im Zuge von Gerichtsverfahren bzw. eines Verwaltungsverfahrens auf Landesebene entstanden sind. Im Gegensatz zu den städtischen Diensteiden ist das Spektrum von Schwörenden der Märkte sehr eng: acht Eidesetxte beziehen sich auf die Beeidigung neuaufgenommener Marktbürger und einer auf den Marktrichter. Von den Gerichtseiden der Marktsiedlungen gibt es zwei Eidesformeln für Zeugen und nur eine aus der Gerichtspraxis, aber auch diese stammt nicht von einem der Marktgerichte, sondern vom Krainer Landrecht. Aus der Gerichtspraxis der Gerichte auf Landesebene kommen ebenso die beiden Gerichtseide der Berufsgruppen. Alle vier Diensteide der nichtagrarischen Berufsgruppen stammen erst aus dem Vormärz und beziehen sich auf die Bergleute aus Idrija/Idria (die zwei jüngsten und längsten) sowie auf die neuaufgenommenen Zunftmitglieder und -meister der Schusterzunft in Črenšovci.
Die vorrangige Absicht der Monografie bestand darin, die Texte in drei Formen zu präsentieren: als Faksimile, als diplomatische und als kritische Abschrift. Mit entsprechenden Kommentaren versehen, soll sie eine Anregung für weiterführende Forschungen darstellen. Hierbei konzentriert sich die Monographie auf den historischen Gesichtspunkt: auf Entstehungsumstände und -zeit der Eide, ihre bisherige Betrachtungsweise, ihren Inhalt, ihre Bedeutung im gesellschaftlichen Kontext und ihre sonstige Bedeutung. Da der Verfasser kein Sprachwissenschaftler ist, werden sprachliche und orthographische Besonderheiten lediglich am Rande behandelt, dennoch wird besonderes Augenmerk dem Wortschatz gewidmet.
Als besonders arbeitsintensiv und anspruchsvoll erwies sich die Erforschung der Entstehungszeit und der jeweiligen Entstehungsumstände der einzelnen Texte. Von insgesamt 18 Eiden ist nämlich nur ein Drittel datiert. Die bisherigen Versuche einer zeitlichen Einordnung der übrigen Texte blieben bislang unvollständig. Der Vergleich von kodikologischen und inhaltlichen Charakteristika mit Referenzquellen städtischer Provenienz erbrachte schließlich eine Reihe neuer Forschungsergebnisse, die für spätere sprachliche und inhaltliche Analysen sehr hilfreich sein könnten. Im Vergleich zu den bisherigen Rahmendatierungen, konnte die wahrscheinliche Entstehungszeit der Texte präziser bestimmt werden. Darüber hinaus konnten die Verfasser der meisten im Original erhaltenen Texte zum größten Teil identifiziert und biographisch erfasst werden.
Die Monographie besteht aus zwei Teilen: Eidestexte der Marktsiedlungen (7 Kapitel) und Eidestexte der nichtagrarischen Berufsgruppen (4 Kapitel). Die nach einzelnen Marktsiedlungen und Berufsgruppen geordneten Eidestexte werden in insgesamt 11 Kapitel eingegliedert, die je einen bis fünf Texte einschließen. Jedes Kapitel ist folgendermaßen aufgeteilt: 1) Textgattung, 2) diplomatische und kritische Abschrift, 3) heutiger und ehemaliger Aufbewahrungsort, 4) bisherige Veröffentlichungen und Erörterungen, 5) formale Charakteristika, 6) Entstehungsumstände und -zeit, 7) Inhalt, 8) orthographische und sprachliche Charakteristika, 9) Bedeutung und Rolle im gesellschaftlichen Kontext und 10) Literatur.
Die Veröffentlichung der Texte erfolgt in jedem Kapitel unter Nummer 2. Alle Texte, ausgenommen vier, deren Originale vermisst werden bzw. verloren gegangen sind, werden in drei Ausführungen präsentiert: als Faksimile, als diplomatische und als kritische Abschrift.
In der Textgattung der erhaltenen Texte kommt die gesellschaftliche Stellung des Slowenischen in den einzelnen Märkten zum Ausdruck. Es ist kein Zufall, dass der einzige Eid für den Marktrichter aus dem stark rural ausgeprägten und sprachlich homogenen Markt Središče/Polstrau aus dem steirisch-kroatisch-ungarischen Grenzdreieck stammt. In der älteren Epoche war der Bedarf an slowenischen Eidesformeln für Marktfunktionäre auf jeden Fall größer als im 18. Jahrhundert und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert, aus welchen die Eiedestexte überliefert sind. Aus der Gerichtspraxis der Marktsiedlungen haben sich lediglich zwei Gerichtseide erhalten, die zwar von allen am ältesten sind, dabei handelt es sich jedoch um Zeugeneide. Kein einiziger bisher bekannter Eid aus Marktsiedlungen stammt aus der Gerichtspraxis eines Marktgerichts. Der einzige Text aus der Gerichtspraxis nichtagrarischer Berufsgruppen entstand nämlich bei dem Krainer Landesgericht (sog. Landrecht) in Ljubljana/Laibach, und zwar im Rahmen eines Rechtsstreites, in dem ein Markt als Streitpartei fungierte.
Von den insgesamt sechs bekannten Eiden nichtagrarischer Berufsgruppen gehören nur zwei einer Zunftvereinigung an, aber auch diese stammen aus dem ländlichen Črenšovci in Prekmurje (Übermurgebiet). Sie wurden erst in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts aufgezeichnet. Ebenso aus dem Vormärz stammen die Eidesformeln der Bergleute des Quecksilberbergwerks in Idrija/Idria. Die ältesten Eidestexte nichtagrarischer Berufsgruppen entstanden in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Ljubljana/Laibach, beide vor der Landesbehörde. Die Eidesformel der Schuster und Lederer aus Višnja Gora/Weixelburg aus dem Jahr 1708 ist die älteste. Das ist der einzige bekannte Eidestext aus der Gruppe der städtischen Handwerker.
Sowohl bei Eidesformeln der Marktsiedlungen als auch jenen der Berufsgruppen ist trotz der geringen Zahl der Texte eine viel größere geographische Streuung zu verzeichnen als bei städtischen Eidestexten, die sich stark auf Krain, insbesondere auf Ljubljana/Laibach konzentrieren. Bei Eidestexten sind alle drei zentralslowenischen Länder Steiermark, Kärnten und Krain vertreten. Der Eidestext von Grebinj/Griffen entstand am nördlichsten, zugleich westlichsten Punkt, wenn man von Ljubljana/Laibach absieht, wo der einzige krainerische Eid entstand. Dieser bezieht sich auf die Marktgemeinde eines der südlichsten slowenischen Märkte an der kroatischen Grenze, der östlichste Punkt auf der »Karte der Markteide« befindet sich in Središče ob Dravi/Polstrau, das nicht weniger als 5 oder zwei Fünftel aller Eidestexte beisteuerte. Die Eide von Berufsgruppen erstrecken sich auf einen noch weiteren Raum, von Črenšovci in Prekmurje (Übermurgebiet) im Osten bis Idrija/Idria im Westen, so dass auch der östlichste Rand des (heutigen) Primorska (Slowenisches Küstenland) erfasst ist. Wenn man die Gesamtheit von 18 Eidestexten ins Auge fasst, lassen sich zwei geographische Schwerpunkte erkennen: das erste befindet sich in der nordöstlichen Steiermark mit Prekmurje (Übermurgebiet) (10 Eide, davon 8 aus Marktsiedlungen), das zweite, kleinere, aber in Ljubljana/Laibach, wo zwei Eidestexte von Berufsgruppen und einer von Marktbewohnern aufgezeichnet wurden.
Vom sprachlichen Standpunkt gesehen unterscheiden sich die Texte wesentlich voneinander, wobei die geographischen Begebenheiten, die Entstehungszeit und die sprachlich-kulturelle Orientierung der Entstehungsorte eine wesentliche Rolle spielten. Die Eidesformel von Ptujska Gora/Maria Neustift mit ausgeprägten mittelslowenischen Charakteristika stellt im damaligen Milieu einen »Fremdkörper« dar, der Eid für den Marktrichter von Središče ob Dravi/Polstrau ist zur Gänze kajkavisch geschrieben, weil sich die Prlekija im 18. Jahrhundert an die kajkavische Schriftsprache (Schriftsprache des nordwestlichen Kroatien mit Zagreb/Agram als Zentrum) stark anlehnte, ihre Bewohner ihre Sprache sogar als kroatisch bezeichneten. Die Eidesformel aus Grebinj/Griffen im österreichischen Kärnten, der älteste der hier behandelten Texte lehnt sich mit Sicherheit an eine noch ältere Vorlage aus dem 16. Jahrhundert an, die sogar der vorliterarischen Ära der slowenischen Sprache entstammen dürfte. Die Zunfteide von Črenšovci aus den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts stehen im Hinblick auf Sprache und Rechtschreibung der damaligen Schriftsprache des Prekmurje (Übermurgebiet) katholischer Provenienz sehr nahe. Der wohl jüngste von allen Eidestexten, der von Idrija/Idria aus der Zeit um 1840, folgte der zeitgenössischen Schriftsprache des zentralslowenischen Raums. Die oststeirische Schriftsprache beeinflusste wenigstens mittelbar die Sprache der jüngsten im Jahre 1840 in Središče ob Dravi/Polstrau entstanden Markteide, denen die Tatsache, dass sie schon in der Gaj-Schrift verfasst wurden, eine besondere Bedeutung verleiht. Es soll hervorgehoben werden, dass der eigentliche Zweck der Eidestexte ihre Verständlichkeit für die Zielgruppe war. Der Verständlichkeit hatten sich sowohl die Reinheit der Sprache als auch die Einheitlichkeit der Rechtschreibung unterzuordnen. Die Verfasser (abgesehen von denen bei den Landesbehörden in Ljubljana/Laibach) trachteten folglich in der Regel danach, das eigene Idiom oder die schriftliche Vorlage dem lokalen Sprachgebrauch anzugleichen, woraus sich eine Schriftsprache entwickelte, die Züge unterschiedlicher Mundarten aufwies. Dem lebendigen Sprachgebrauch wurde vor allem der politische, juristische, verwaltungstechnische und berufliche Wortschatz entnommen, musste er doch genau verstanden werden. Die Texte gewannen somit an soziolinguistischer und kultur-geschichtlichen Bedeutung.